Problematischer Medienkonsum

Viele Bereiche des Lebens, wie Kommunikation, Einkaufen, Arbeiten oder auch die Partnersuche werden heute durch Onlineangebote unterstützt. Die allgemeine Mediennutzung nimmt in allen Altersgruppen zu und begeistert dort Jugendliche und Erwachsene. Ein kleiner Teil der Nutzer entwickelt allerdings einen problematischen bis exzessiven Medienkonsum und kann dadurch psychosoziale Probleme bekommen. Jugendliche und junge Erwachsene sind dabei besonders gefährdet.


Empfohlene Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen

Folgende Richtwerte der Mediennutzung werden bei Kindern empfohlen:

Eine andere Orientierung bietet die Regelung von 10 min Mediennutzung am Tag pro Lebensjahr.

Für Kinder ab 10 Jahren bietet sich das Wochenkontingent an, welches die Kinder sich zunehmen selbstständig einteilen können.


Risiken des Medienkonsums

Bei einer moderaten Nutzung sind Medien grundsätzlich nicht gefährlich. Kritisch kann es werden, wenn das Medium wichtiger wird als die reale Umgebung und es so zu einem Fluchtort verwendet wird, um aus der Realität in eine virtuelle Welt abtauchen zu können. Ebenso kann der exzessive Medienkonsum zu einer sozialen Isolierung bzw. zu einem sozialen Rückzug führen und bedeutsame Beziehungsverluste nach sich ziehen.

Im Folgenden werden einzelne Medien mit ihren jeweiligen spezifischen Risiken kurz dargestellt:

Videospiele:

Es gibt eine große Bandbreite von Videospielarten und Genres. Ob mit der Konsole, Handy oder dem Computer können von Denkspielen über Online-Rollenspielen bis hin zu Ego-Shootern die jeweils passenden Videospiele gefunden werden. Videospiele sind häufig so konzipiert, dass sie durch eine emotionale Verknüpfung des Spielers mit dem Spiel regelrecht „süchtig“ machen. Beim Spielen werden Bereiche im Gehirn aktiviert, welche für Motivation und Kontrolle zuständig sind. Bei erfolgreichem Spiel wird im Gehirn der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet, eine Substanz, welche für das Glückserleben zuständig ist. So fühlt sich der Spielende besser und sein Selbstwertgefühl wird gestärkt. Je attraktiver die Spiele gestaltest sind und je mehr Anbindungsfaktoren (zum Beispiel unendliche Spielzeit, große Vernetzung der Spielenden etc.) die jeweiligen Spiele enthalten, umso größer ist die Gefahr einer exzessiven Nutzung. Das Risiko von Videospielen besteht darin, dass sich das Gehirn an die regelmäßige Ausschüttung von Dopamin nach einem Spielreiz gewöhnt und so für das gleiche Empfinden eine immer größere Dosis benötigt. Dies bedeutet mehr Spielaktion oder eine längere Spielzeit. Es kann dabei passieren, dass der Spielende sich immer schlechter mit etwas Anderem beschäftigen kann oder will.

Soziale Netzwerke:

Besonders bei Jugendlichen sind soziale Netzwerke als Kommunikationsmittel nicht mehr wegzudenken. Durch den Austausch von Bildern und Videos können Informationen aus dem Alltag in Echtzeit ausgetauscht werden. Soziale Netzwerke können als eine Darstellungsplattform dienen, über die der Wunsch nach Anerkennung nachgekommen werden kann. Ebenfalls kann ein Gemeinschaftsgefühl mit der Community entstehen. Kritisch kann es werden, wenn die digitale Kommunikation exzessiv wird und so zum Beispiel den Tagesablauf der Nutzenden negativ beeinflusst. Ebenfalls kann das Verdrängen der Alltagsprobleme längerfristig negative Folgen haben, so berichtet jeder dritte Jugendliche, dass er soziale Medien auch nutzt, um nicht an etwas Negatives denken zu müssen (BzGA). Genauso wie bei Videospielen können auch Soziale Medien zu einer Abhängigkeit führen, um dies zu vermeiden sind klare Regeln zum Umgang und der Nutzungsdauer sehr wichtig.

Videoportale:

In unserer Gesellschaft wird die Nutzung von Videoportalen immer beliebter. So werden Portale wie YouTube, oder Netflix gerne und viel genutzt und können Raum und Zeit vergessen lassen. Im Gegenzug zu dem klassischen Fernsehprogramm bieten Videoportale eine größere Bandbreite an Möglichkeiten. Es können zu jeder Zeit, an fast jedem Ort Videos zu den unterschiedlichsten Themen angeschaut, kommentiert, erstellt und bewertet werden. Insbesondere für Kinder und Jugendliche ist dabei die Gefahr, dass sie jugendgefährdende Inhalte zu sehen bekommen, durch versteckte Produktplatzierungen zu unreflektierten Kaufentscheidungen gebracht werden oder ihnen sogenannte „Fakenews“ unterbreitet werden können gegeben. Ebenso kann es zum Problem werden, wenn der Fokus auf unrealistische Rollenbilder und Schönheitsideale gelegt wird. Für den Nutzer besteht darüber hinaus ein ähnliches Suchtpotential, wie bei den anderen Mediennutzungsformen.


Medienabhängigkeit

Bisher gibt es noch keinen anerkannten Begriff, um suchtähnliche Verhaltensweisen aufgrund der übermäßigen Nutzung von Videospielen oder Internetangeboten zu beschreiben. Verwendet werden aktuell Begriffe wie Mediensucht, pathologischer Internetgebrauch, Internetsucht oder Onlinesucht. In dem weltweiten Klassifikationssystem für Krankheiten (ICD10) fällt „Mediensucht“ aktuell noch unter die Restkategorie F.63 „Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle“. In der ICD 11 die ab 1. Januar 2022 in Kraft treten soll, wird zumindest Computerspielsucht als Abhängigkeitserkrankung anerkannt und den Verhaltenssüchten zugeordnet. Bei anderen neuerforschten Störungsbildern rund um die Mediennutzung steht diese Entscheidung noch aus.

Hinweise auf eine Abhängigkeit:

Die folgenden Kriterien bieten Anhaltspunkte für eine Abhängigkeit, es müssen dabei jedoch nicht alle Hinweise bei dem Betroffenen vorkommen.

Der Betroffene verbringt den größten Teil seines Tageszeitbudgets im Internet/am Handy oder am Computer und vernachlässigt andere Interessen, Freunde oder Beruf etc.

Mangelnde Fähigkeit die Zeit am Medium zu reduzieren oder zu unterbrechen

Ständige gedankliche Beschäftigung mit dem Medium

Unangenehme körperliche und emotionale Zustände (Unruhe, Nervosität, Aggressivität…) wenn das Medium unerreichbar ist

Das Bedürfnis immer mehr Zeit für Online-Aktivitäten aufzubringen. Es braucht immer mehr Zeit, um die gleiche angezielte positive Stimmung zu erreichen

Fortsetzung des Konsums obwohl negative psychosoziale Folgen wahrgenommen werden


Hilfsmöglichkeiten

Eine erste Möglichkeit ist das Gespräch mit dem Betroffenen zu suchen. Bei Kindern und Jugendlichen kann es sinnvoll sein den Konsum durch klare Regeln und Konsequenzen zu beschränken. Ebenfalls hilfreich ist gemeinsam über alternative Beschäftigungsmöglichkeiten nachzudenken. Sollte keine Besserung in Sicht sein, ist es sinnvoll professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Weitere Informationen:

Die BzGA hat eine Internetseite speziell für Kinder und Jugendliche zum Thema Mediensucht entwickelt:

https://www.ins-netz-gehen.de/

Eltern finden auf dieser Internetseite von der BzGA noch weiterführende Informationen:

https://www.multiplikatoren.ins-netz-gehen.de/informationen/fuer-eltern/digitale-jugendkultur

Eine weitere informative Seite für Eltern, Lehrkräfte, Kinder und Jugendliche über die Thematik ist Klicksafe:

https://www.klicksafe.de 


Zahlen und Fakten

Der Drogen- und Suchtbericht 2019 der Bundesregierung hat sich die Nutzung der Medien genauer angeschaut. Dabei kam die Studie zu der Erkenntnis, dass bei 5,8 % der Alterskategorie der 12-17-Jährigen von einer Medienabhängigkeit auszugehen ist. Die betroffene Gruppe umfasst ca. 270.000 Jugendliche und hat sich im Vergleich zu 2011 verdoppelt. Dass die Mediennutzung kritische Verhaltensweisen fördert zeigen die Zahlen der BzGA. So sind 8 % der Jugendlichen ausschließlich über sozialen Medien mit ihren Freunden in Kontakt und 25 % der Nutzenden schlafen aufgrund der Aktivität in sozialen Netzwerken weniger. Nach den Drogen- und Suchtbericht 2019 gehören ebenfalls 6,5 % der Erwerbstätigen zur Gruppe der riskant Online-Spielenden.