Synthetische Cannabinoide („Kräutermischungen“)

Spice, K2, Black Box, Arctic Spice, Pulse, Spice Gold, Ocean Blue, Smoke, Yukatan Fire etc.
Substanz
In den 1980er Jahren wurden erstmals synthetische Cannabinoide (Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten) im Rahmen von pharmazeutischen Forschungsprojekten hergestellt. Erste Räucher-/Kräutermischungen sind unter dem Namen „Spice“ im Jahr 2004 aufgetaucht. Damals wurden verschiedene angebliche Inhaltsstoffe angegeben, die die psychoaktive Wirkung nicht erklären konnten. Erst im Jahr 2009 gelang der Nachweis von synthetischen Cannabinoiden in diesen Mischungen. Es gibt kaum Forschungsergebnisse im Hinblick auf die Wirkung synthetischer Cannabinoide auf den Menschen. Die Tatsache, dass die künstlich hergestellten Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten weder durch das Arzneimittelgesetz noch durch das BtmG registriert und eingeordnet sind, hat eine Verbreitung als Substanzersatz von organischem Cannabis ermöglicht. Die synthetischen Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten sind psychoaktiver Teil der Inhaltsstoffe von Kräuter- bzw. Räuchermischungen. Diese werden in aller Regel unter wechselnden Bezeichnungen über das Internet oder über sogenannte Headshops verkauft. Sie sind meist als nicht für den menschlichen Verzehr (auch nicht durch Inhalieren) deklariert, was aber nicht der tatsächlichen Konsumform entspricht, sondern der Verschleierung und Umgehung einer Haftbarmachung geschuldet ist. Viele der synthetischen Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten sind nach ihren Schöpfern bzw. den Orten an welchen sie entwickelt wurden, benannt.
So steht das Kürzel JWH in den synthetischen Cannabinoiden 5-Fluorpentyl-JWH-122, JWH-018 oder JWH-007 für den Chemiker John W. Huffman. Das AM in z.B. AM-694 oder AM-1220 Azepan-Derivat steht für den Chemiker Alexandro Makriyannis. Weitere synthetische Cannabinoide wie CP 47, CP 487 sind von der Firma Charles Pfizer entwickelt worden. Mittlerweile gibt es eine unüberschaubare Zahl hunderter solcher Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten, die mit Pflanzenmaterial vermengt in Räuchermischungen zu finden sind. Ihre Wirkung auf den menschlichen Körper und Psyche ist weder erforscht noch vorhersehbar. Der einzige Cannabinoid-Rezeptor-Agonist, der als Arzneistoff begrenzt Verwendung findet, ist das Nabilon. Es dient als Emetikum der Unterdrückung von Übelkeit, die z.B. im Rahmen einer Chemotherapie auftreten kann.
Vorsicht: Kräutermischungen, die in kleinen Päckchen mit bis zu 3 g verkauft werden, bestehen aus Pflanzenmaterial, das mit synthetischen Cannabinoiden besprüht worden ist. Dabei kann eine Kräutermischung oft mehrere synthetische Cannabinoide gleichzeitig enthalten. Die Inhaltsstoffe, die auf einer solchen Packung angegeben sind, entsprechen dagegen nicht dem tatsächlichen Packungsinhalt und sind bewusst irreführend, problematisch dabei sind auch die jeweiligen nicht einzuschätzenden Dosierungsstärken.
Konsumformen:
Synthetische Cannabinoide werden als Bestandteil von sogenannten Kräuter- oder Räuchermischungen und entgegen der Hinweise auf den Packungen von den Konsumenten meist geraucht.
Wirkung
Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten versuchen die Wirkung von psychoaktiven Cannabisprodukten auf organischer Basis zu imitieren. Durch die unterschiedlichen und ständig wechselnden Zusammensetzungen der Inhaltsstoffe sind die Wirkungen nicht einschätzbar und variieren stark. Es wird beobachtet, dass sich manche synthetischen Substanzen deutlich stärker an die Cannabinoid-Rezeptoren im Zentralen Nervensystem (ZNS) binden als dies bei THC der Fall ist, dadurch ist die Gefahr einer Überdosierung um ein Vielfaches höher. Die bei Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten auftretenden langen Halbwertszeiten sind möglicherweise dafür verantwortlich, dass längere psychoaktive Wirkungen auftreten, die wiederum stärker in die Psyche eingreifen und in der Folge offensichtlich für schwere psychotische Zustände und Psychosen verantwortlich sind. Durch die ständige Veränderung der Rezepturen ist das Wirkspektrum nicht vorhersehbar.
Zur Langzeitwirkung und den Folgen des Konsums von Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten gibt es bislang keine verlässlichen Erkenntnisse. Europaweit wurden mehrere Todesfälle registriert, die im Zusammenhang mit dem Konsum von Kräutermischungen stehen. Davon alleine in den Jahren 2013/2014 6 polizeilich registrierte Todesfälle in Baden-Württemberg als Folge von Konsum von Kräutermischungen.
Die Wirkung tritt je nach Wirkungsgrad nach wenigen Sekunden oder Minuten ein. Die Wirkung kann bis zu mehreren Stunden andauern (bis zu 6 Stunden oder auch länger).
Wirkungen können sein:
- erhöhte Empathie
- Rededrang
- Enthemmung
- Hungergefühl
- Euphorie
Dokumentierte unerwünschte Wirkungen bzw. Folgen:
- Muskelkrämpfe/Krampfanfälle
- Brustschmerzen
- Hypotonie
- Schwindel
- Kopfschmerzen
- Tremor
- Halluzinationen
- Angststörungen
- Verwirrtheit
- Aggressivität
- Nierenversagen
- Hyperventilation
- Ausbruch bzw. Verschlechterung psychischer und psychotischer Beschwerden bei vorhandener Veranlagung
- Kreislaufzusammenbruch und mögliche Todesfolge
Entzugserscheinungen bei chronischem Gebrauch:
- Krampfanfälle
- Magenschmerzen
- Schwitzen
- Schüttelfrost
- Starkes Erbrechen u.a.
Sucht und Abhängigkeit
Es besteht das Risiko einer psychischen und physischen Abhängigkeit. Starke Entzugssymptome können bereits nach wenigen Tagen regelmäßigen Konsums eintreten.
Risiken und Safer Use
Synthetische Cannabinoide zählen zu der Gruppe der sogenannten ‚Legal Highs‘. Diese Bezeichnung ist problematisch, da sie sich zwar auf den rechtlichen Status vor November 2016 bezieht, als noch keine Stoffgruppen verboten worden waren, sondern nur einzelne Substanzen. Zum anderen suggeriert er, dass die Substanzen unbedenklich sind. Das Gegenteil ist der Fall. Es gibt bislang keine dokumentierten Langzeitstudien. Die Stoffgruppe wurde nicht mit dem Ziel entwickelt sie am Menschen zu testen. Die Folgen von bereits einmaligem Konsum sind je nach Kombination der Wirkstoffe und Substanzgruppen nicht vorhersehbar und unübersichtlich. Beobachtungen legen zu Grunde, dass mit dem Konsum von synthetischen Cannabinoiden, deren erwartete THC-ähnliche Wirkung oft stark abweicht, erhebliche gesundheitliche Risiken verbunden sind.
Risiken können sein:
- in erster Linie hohes Risiko von Überdosierung und Vergiftung (siehe oben beschriebene Informationen zu häufig veränderter und teils unbekannter Zusammensetzung).
- Cannabisuntypische Wirkungen
- epileptische Anfälle, Bewusstseinsverlust
- Erregungszustände
- Aggression
- Auslösung von Psychosen
- Herzrasen, Bluthochdruck, EKG-Veränderungen
- Hypokaliämie (Kaliummangel, der u.a. Herzrhythmusstörungen auslösen kann)
Folgende Infos richten sich ausschließlich an Konsumenten und sind nicht als Konsumaufforderung zu verstehen! Wer trotz der bekannten Risiken konsumiert, sollte wenigstens folgende Hinweise beachten:
- Bei bekannter psychiatrischer Vorbelastung oder Veranlagung sollte unter allen Umständen auf jeglichen Konsum psychoaktiv wirkender Substanzen verzichtet werden.
- Bei Kreislaufbeschwerden oder bei Herzproblemen sollte auf den Konsum von Räuchermischungen verzichtet werden.
- In psychisch belasteten Situationen sollte nicht konsumiert werden.
- Da synthetische Cannabinoide um vielfaches stärker sind als Cannabis sollte deutlich niedriger dosiert werden.
- Erst die Wirkung abwarten bevor nachdosiert wird.
Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte jeglicher Konsum von Drogen konsequent vermieden werden, da er das Ungeborene schwer schädigt!
Recht
Der Bundesgerichtshof hat am 14. Januar 2015 in einer Entscheidung die nicht geringe Menge von synthetischen Cannabinoiden geregelt. Der Grenzwert der nicht geringen Menge wurde bei den künstlich hergestellten Cannabinoiden JWH-018 und CP 47,497-C8-Homologes bei zwei Gramm festgesetzt. Für die Wirkstoffe JWH-073 und CP 47,497 wurde der Grenzwert bei sechs Gramm festgelegt.
Der Begriff „Legal Highs“ soll suggerieren, dass es sich hierbei um legale Substanzen handelt. In der Tat hinkte die Gesetzgebung in der Bundesrepublik bisher hinterher. Bislang wurden nur Substanzen in das BtmG aufgenommen, nicht aber Substanzgruppen. Bereits ins BtmG aufgenommene Substanzen wurden im Fall der ‚Neuen Psychoaktiven Substanzen‘ in leicht veränderter Molekülform angeboten, um das BtmG zu umgehen.
Mit der Verabschiedung des Neue-Psychoaktive-Stoffe-Gesetzes am 26.11.2016 ändert sich die Gesetzeslage nun grundlegend. Erstmals werden ganze Stoffgruppen, die eine Vielzahl von Einzelsubstanzen umfassen, verboten.
Das Gesetz beinhaltet ein weitreichendes Verbot des Erwerbs, Besitzes und Handels mit neuen psychoaktiven Stoffen (NPS), sowie die Strafverfolgung bei der Weitergabe. Je nach Entwicklung des Marktes kann es in der Zukunft zur Hereinnahme weiterer Stoffgruppen in das Gesetz kommen.
Die beiden Stoffgruppen von NPS, die dem Verbot unterliegen, sind in der Anlage des Gesetzes aufgeführt:
- Von 2-Phenylethylamin abgeleitete Verbindungen (d.h. mit Amphetamin verwandte Stoffe). Dies schließt chemische Verbindungen mit einer Cathinon-Grundstruktur (2-Amino-1-phenyl-1-propanon) ein.
- Synthetische Cannabinoide bzw. Cannabinoidmimetika
Einzelne synthetische Cannabinoide (Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten) sind bereits im BtmG aufgenommen und somit ist deren Einfuhr, Besitz, Abgabe und Handel in Deutschland verboten und wird strafrechtlich verfolgt. Siehe Anlage II BtmG.
Nachweisbarkeit:
Der Nachweis synthetischer Cannabinoide ist im Labortest möglich. Mittlerweile gibt es auch einige Schnelltests (Urin), die auf synthetische Cannabinoide JWH-018 und JWH-073 reagieren. Auf die meisten anderen synthetischen Cannabinoide sprechen diese nicht an.
In Urin oder Blut ist ein Nachweis bis zu 4 Tagen möglich. Bei regelmäßigem Konsum auch bis zu mehreren Wochen.
Durch eine Haarprobe ist ein Nachweis auch nach Monaten noch möglich. 1 cm Haarlänge entspricht hierbei ca. 1 Monat. Mit Hilfe der gefundenen Substanzkonzentration im Haar kann ermittelt werden, ob von regelmäßigem oder sporadischem Konsum ausgegangen werden muss. Einmalige Konsumeinheiten können unter Umständen nicht nachgewiesen werden.
Führerschein:
Im BGBl (Bundesgesetzesblatt 1998 Nr 55 §14) ist im Hinblick auf die missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Stoffen geregelt, dass ein Ärztliches Gutachten angeordnet werden kann oder ein medizinisch-psychologisches Gutachten beigebracht werden muss. Bis dies erbracht ist kann die Führerscheinstelle den Führerschein nach Ermessen auch einziehen. Hierbei ist zu beachten, dass grundsätzlich der Konsument psychoaktiver Substanzen nachweisen muss, dass die Art seines Konsums keine Gefahr im Straßenverkehr darstellt. Hierbei ist unerheblich ob der Konsum einen direkten Bezug zum Straßenverkehr hat oder nicht.