Risiko Alkoholabhängigkeit im Lockdown

Der Lockdown verändert aktuell stark unsere Lebensgewohnheiten. Viel Zeit wird im eigenen Zuhause verbracht, Kontakte sollten so gut wie möglich reduziert werden und es gibt deutlich weniger Ausgleichs- bzw. Ablenkungsmöglichkeiten. Aus der Erfahrung von vergangenen Epidemien wird davon ausgegangen, dass die Einschränkungen der persönlichen Freiheit auch Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Bevölkerung haben und somit auch auf Menschen, welche von Alkoholismus betroffen sind. Für Menschen mit einer bereits bestehenden Alkoholabhängigkeit stellt damit das aktuell nur eingeschränkte Hilfenetz eine Bedrohung dar. So sind aktuell bestehende Angebote, wie Selbsthilfe oder Gruppentherapie oft nur online oder eingeschränkt möglich.

Ebenfalls steigt längerfristig für noch nicht erkrankte Menschen das Risiko, selbst eine Abhängigkeitserkrankung zu entwickeln. Der Konsum von Alkohol ist in Zeiten persönlicher, aber auch gesellschaftlicher Krisen, ein bei vielen Menschen gelernter Bewältigungsmechanismus, da er Ängste und Sorgen abmildern, beruhigen und entspannen kann. So gibt es in der Corona Zeit für manche Menschen subjektiv mehr Gründe, die für einen vermehrten Konsum sprechen als dagegen. Aufgrund des Abhängigkeitspotenzials von Suchtmitteln, wie Alkohol oder Tabak, besteht jedoch die Gefahr, dass aus einem länger andauernden erhöhten Konsum während des Lockdowns eine Gewohnheit entsteht, die nach dessen Ende nicht mehr zurückgefahren werden kann, und sich eine Abhängigkeit entwickelt. Erste wissenschaftliche Erkenntnisse deuten darauf hin, dass diese Befürchtung, welche beispielsweise die WHO schon am Anfang der Epidemie angesprochen hat, bestätigt wird. So zeigen Ergebnisse einer Studie von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Nürnberg und die Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) Mannheim ein steigendes Konsumverhalten in der Bevölkerung (Studie seit dem 8.04.2020). Ein Ergebnis dieser ersten Befragung der Allgemeinbevölkerung in Deutschland zu Konsum zeigt, dass seit Beginn der Ausgangseinschränkungen 37,4 % der Studienteilnehmenden mehr Alkohol und 42,7 % mehr Tabak konsumieren als zuvor. Diese Zahlen in Zusammenhang mit vergangenen Studien aus anderen Epidemien/Pandemien, wie zum Beispiel der SARS Epidemie 2003 in China, welche nach drei Jahre einen positiven Zusammenhang zwischen der Zeit welche Personen in Quarantäne/Isolation verbracht haben und einer Abhängigkeitserkrankung festgestellt wurde, lassen für die Zukunft befürchten, dass uns die Folgen der Corona-Pandemie noch einige Jahre begleiten werden.

Quellen: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/alkohol-corona-101.html ; https://www.aerzteblatt.de/archiv/214451/Alkohol-und-Rauchen-Die-COVID-19-Pandemie-als-idealer-Naehrboden-fuer-Suechte